Boris von Smercek ist kein gewöhnlicher Name und bleibt im Gedächtnis. Ihr könnt mal in den Untiefen eures SuBs wühlen, vielleicht findet ihr sogar ein Buch von ihm darin, oder zwei – so war es jedenfalls bei mir. Als er mich vor einiger Zeit anschrieb, musste ich feststellen, dass ich tatsächlich ein Buch von ihm besaß, das mich des Themas und der Inhaltsbeschreibung wegen sofort interessiert hatte; R_evolution. Es geht darin um ein geheimes Forschungsprojekt im australischen Urwald und dessen Auswirkungen auf die Evolution. Dieses muss ich noch lesen, aber sein (bis 4.04. gratis) eBook Incognita habe ich hier bereits rezensiert.
Nun hatte ich unverhoffterweise die Möglichkeit, dem Autor einige Fragen zu stellen, für die er sich etwas Zeit genommen hat.
Ich denke, wir werden auch in den nächsten Jahren höchst interessante Entwicklungen im Bereich der Technologie erleben. Ein Schweizer Wissenschaftsteam ist gerade dabei, ein künstliches Gehirn nachzubauen, was mir die Grundidee für „Caligula“ gab. Das Projekt heißt Blue Brain und wird an der Technischen Hochschule in Lausanne durchgeführt. Auch die Verlängerung von Leben ist längst möglich. Bei Mäusen und Ratten ist es in Laborversuchen schon gelungen, die Lebensspanne zu verdoppeln. Bei Tintenfischen übrigens auch. Diese Ideen habe ich zum Beispiel in „Der zweite Gral“ aufgegriffen. Solche Themen faszinieren mich, und natürlich auch die Frage, was passiert, wenn diese Technologien missbraucht werden oder Experimente versehentlich aus dem Ruder laufen.
Ich denke, die Frage, was mir das Schreiben bedeutet, dürfte damit auch beantwortet sein. Es ist ein Teil von mir. Seit über fünfzehn Jahren vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht irgendwie an meinen Geschichten arbeite. Selbst, wenn ich morgens in der S-Bahn sitze und zur Arbeit fahre (ich bin ja nicht nur Schriftsteller, sondern habe so ganz nebenher auch noch eine 40-Stunden-Woche), habe ich oft den Laptop an oder notiere meine Ideen auf meinem Smartphone. Ohne Schreiben – das geht nicht!
Vielen Dank für das Interview!
Boris von Smercek
Nun hatte ich unverhoffterweise die Möglichkeit, dem Autor einige Fragen zu stellen, für die er sich etwas Zeit genommen hat.
Evolution, künstliche Intelligenzen, verlängertes Leben und Zeitreisen – was fasziniert dich als Autor an diesen Themen?
Die menschliche Technologie hat in den letzten hundert Jahren einen gewaltigen Sprung gemacht – größer als in den fünftausend Jahren davor. Das finde ich ungeheuer spannend – auch angesichts der Frage, wohin uns das noch führen wird. Wir können zum Mond fliegen, in die tiefsten Tiefen der Meere hinabtauchen, Herzen transplantieren, und wir sind dabei, den menschlichen Gencode zu knacken. Oder nehmen wir den Computer: Mein erster war ein ZX81 mit sage und schreibe einem Kilobyte Speicher. Ich habe mir dazu eine Speichererweiterung mit sechzehn Kilobyte gekauft – heutzutage ein Lacher. Und das ist erst dreißig Jahre her.Ich denke, wir werden auch in den nächsten Jahren höchst interessante Entwicklungen im Bereich der Technologie erleben. Ein Schweizer Wissenschaftsteam ist gerade dabei, ein künstliches Gehirn nachzubauen, was mir die Grundidee für „Caligula“ gab. Das Projekt heißt Blue Brain und wird an der Technischen Hochschule in Lausanne durchgeführt. Auch die Verlängerung von Leben ist längst möglich. Bei Mäusen und Ratten ist es in Laborversuchen schon gelungen, die Lebensspanne zu verdoppeln. Bei Tintenfischen übrigens auch. Diese Ideen habe ich zum Beispiel in „Der zweite Gral“ aufgegriffen. Solche Themen faszinieren mich, und natürlich auch die Frage, was passiert, wenn diese Technologien missbraucht werden oder Experimente versehentlich aus dem Ruder laufen.
Stellst du dir eine bestimmte Leserschaft vor, den typischen Smercek-Leser?
Nein, gar nicht. Ich könnte höchstens eine Negativabgrenzung vornehmen – den typischen Smercek-Nichtleser. Wer es zum Beispiel gerne sehr intellektuell mag und in jedem Roman einen tieferen, weltverbessernden Sinn sucht, der wird die Finger von meinen Büchern lassen. Auch kafkaeske Schachtelsätze wird man bei mir vergeblich suchen. Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg und Vergangenheitsbewältigung? Ebenfalls Fehlanzeige. Nicht, dass diese Dinge in Vergessenheit geraten sollten! Aber sie sind einfach nicht meine Themen. Insofern bin ich wahrscheinlich kein typisch deutscher Schriftsteller. Ich habe bei meinen Büchern immer nur ein Ziel: Ich will gut unterhalten. Ich will, dass der Leser das Buch zur Hand nimmt und es von der ersten Seite an so spannend findet, dass er es nicht mehr weglegen kann. Wenn mir das gelingt, bin ich vollauf zufrieden.Du schreibst unter insgesamt drei Namen: Boris von Smercek, Tom Nestor und Tom Emerson. Wie kam es?
An „Boris von Smercek“ sind meine Eltern schuld :-) Das ist tatsächlich mein Name, und der ist sogar noch gekürzt. Als meine Großeltern seinerzeit nach Deutschland einwanderten, haben sie einen Teil des Namens streichen lassen, weil er zu kompliziert war. Aber „Boris von Smercek“ ist natürlich immer noch ziemlich uneingängig. Besser als „Sabine Leutheusser-Schnarrenberger“, aber nicht so griffig wie „Ken Follett“ oder „Dan Brown“. Deshalb fragte mich mein damaliger Verlag, ob ich mir auch vorstellen könne, unter Pseudonym zu schreiben. Das war der Startschuss für die beiden „Tom Nestor“-Bücher. Und zu „Tom Emerson“ kam es, weil der Roman „Tödliches Gold“ eine Abenteuergeschichte und kein Wissenschaftsthriller ist, also einem ganz anderen Genre angehört. Das wollte der Verlag gerne klar trennen. Aber nach einigem Hin und Her habe ich mich inzwischen von Bastei Lübbe getrennt. Die nächsten Bücher werden wieder unter meinem Realnamen erscheinen.Dein Erstlingswerk "Tod im Regenwald" erschien bereits 1998. Wie fing es mit dem Schreiben an und was bedeutet es dir?
Schreiben ist meine Möglichkeit, Filme zu drehen. Als Jugendlicher hatte ich den Traum, Filmregisseur zu werden. Das war nur ein Spleen, eine fixe Idee. Ich hatte bis dahin nur ein paar Super-8-Filmchen gedreht. Dennoch ließ ich mir damals die Bewerbungsunterlagen für die Filmhochschule in München zuschicken – und war schockiert, was die alles wissen wollten. Ich habe es dann gar nicht erst versucht, sondern mich für eine „vernünftige“ Ausbildung entschieden, BWL studiert und anschließend einige Jahre bei einer Bank gearbeitet.Aber schon zu Schulzeiten hatte ich mir ja überlegt, welche Filme ich gerne einmal drehen würde. Mir schwebte da etwas mit einem Flugzeugabsturz und einer Forschungsstation im brasilianischen Dschungel vor. Das saß so fest in mir, dass ich mir eines Tages dachte: Wenn es als Film nicht klappt, dann vielleicht als Buch.1995 habe ich dann beschlossen, dieses Buch zu schreiben. Ich habe im Sommer bewusst keine Urlaubsreise gebucht, sondern mich hingesetzt und angefangen zu schreiben. Ich dachte, dass drei Wochen dafür genügen sollten. Drei Wochen, das sind einundzwanzig Tage. Jeden Tag zehn Seiten, dann ist das Buch mehr oder weniger fertig. Diese Rechnung war natürlich naiv, aber damals wusste ich es nicht besser und begann zu schreiben. Nach drei Wochen hatte ich tatsächlich einiges zusammen, etwa hundertfünfzig Seiten – nur passten die Handlungsstränge leider nicht so recht zusammen, und ich war noch nicht mal in der Mitte angekommen. Also musste ich mich entscheiden: aufhören oder weitermachen? Aufhören hätte allerdings bedeutet, dass ich meinen kompletten Sommerurlaub verschwendet hätte. Das kam für mich nicht in Frage. Deshalb habe ich weitergemacht. Und einen Winterurlaub, noch einen Sommerurlaub und unzählige Wochenenden später war „Tod im Regenwald“ dann endlich fertig.
Ich denke, die Frage, was mir das Schreiben bedeutet, dürfte damit auch beantwortet sein. Es ist ein Teil von mir. Seit über fünfzehn Jahren vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht irgendwie an meinen Geschichten arbeite. Selbst, wenn ich morgens in der S-Bahn sitze und zur Arbeit fahre (ich bin ja nicht nur Schriftsteller, sondern habe so ganz nebenher auch noch eine 40-Stunden-Woche), habe ich oft den Laptop an oder notiere meine Ideen auf meinem Smartphone. Ohne Schreiben – das geht nicht!
Einige deiner Bücher sind letztes Jahr als eBook neu erschienen. Siehst du digitale Bücher als Chance an?
Ob Chance oder nicht – digitale Bücher werden immer mehr kommen, da bin ich mir hundertprozentig sicher. Seit meine Frau vor zwei Jahren ihren Kindle von mir geschenkt bekommen hat, hatte sie glaube ich nie wieder ein richtiges Buch in der Hand. Sie genießt es auch, abends im Internet zu surfen und sich innerhalb von wenigen Sekunden den nächsten Schmöker herunterzuladen, wenn ihr danach ist – bequem von zuhause aus. Darin sehe ich tatsächlich auch ein großes Potenzial für Verlage und Autoren. Den eBooks gehört zweifellos die Zukunft. Ich selbst gehörte allerdings zur altmodischen Fraktion und brauche ein „echtes Buch“ in meinen Händen, um das Lesen richtig genießen zu können.Worum handelt es sich bei "The Wall"?
Ich bin seit etwa fünf Jahren Mitglied im Club der fetten Dichter. Frag mich nicht, warum wir so heißen, das war (zum Glück) schon vor meiner Zeit so :-) Jedenfalls sind wir eine lose Vereinigung von Autoren rund um Stuttgart, zu der beispielsweise auch Andreas Eschbach und Thomas Thiemeyer gehören. Wir treffen uns in unregelmäßigen Abständen, um über unsere Bücher zu sprechen und Erfahrungen auszutauschen.Letztes Jahr entstand bei einem dieser Treffen die Idee zu einem Gemeinschaftsprojekt: eine Mystery-Serie im Stil von Lost, nur natürlich viel, viel besser :-)Nein, im Ernst, wir wollten einfach eine hochkarätige eBook-Reihe mit Mystery-Elementen schaffen und diese selbst veröffentlichen. Über Amazon ist das heutzutage ja kein Problem mehr. Geplant sind insgesamt fünf Bände. Der erste ist fertig, der zweite zurzeit in Arbeit. Veröffentlichen werden wir aber erst, wenn alle fünf Folgen „im Kasten“ sind. Das wird frühestens im Herbst der Fall sein, vielleicht auch erst 2014. Wir wollen uns da nicht hetzen lassen. Qualität ist unser oberstes Ziel. Mehr darf ich momentan noch nicht zu „The Wall“ verraten. Unser Club kennt da keine Gnade. Die brechen mir die Beine, wenn ich zu viel ausplaudere :-)
Was ist dein aktuelles Projekt?
Ich arbeite momentan an meinem nächsten Thriller – einem Doppelband mit dem Arbeitstitel „post mortem“. Dabei geht es um einen Kindermord und zwei Menschen, die diesen Mord unbedingt aufklären wollen: eine junge Interpol-Agentin, die mit dem Fall betraut wird, und der Onkel des toten Kinds. Das könnte ziemlich spannend werden. Ich stelle mir eine Mischung aus „Verblendung“, „Skyfall“, „Das Schweigen der Lämmer“ und „96 Hours“ vor. Aber das Projekt steht noch ganz am Anfang. Bis zur Fertigstellung des Manuskripts dauert es bestimmt noch ein Jahr. Alle, die sich näher dafür interessieren, lade ich ein, mich auf Facebook zu besuchen. Dort werde ich posten, sobald es zu dem Projekt etwas Neues zu berichten gibt. Oder besucht mich auf www.borisvonsmercek.de. Dort gibt es natürlich auch regelmäßig alles Wissenswerte zu meinen Büchern.Vielen Dank für das Interview!
Boris von Smercek
Auch von mir ein riesiges Dankeschön für das spannende Interview! Ich freue mich schon darauf, deine anderen Bücher lesen zu können und wünsche dir weiterhin ganz viel Erfolg.
Meine Rezension zu Boris von Smerceks Incognita || Incognita gratis bis 4.04.